Fragen & Antworten

Wissenswertes zu Mobbing am Arbeitsplatz

Was ist Mobbing am Arbeitsplatz aus rechtlicher Sicht?

Was ist Mobbing am Arbeitsplatz aus wissenschaftlicher Sicht?

Mobbing am Arbeitsplatz hat folgende Kennzeichen: Betroffene werden wiederholt und über einen langen Zeitraum unterschiedlichen „negativen Handlungen“ von einer oder mehreren Personen am Arbeitsplatz ausgesetzt (zB Anschreien, Gerüchte streuen, Meinung ignorieren, Informationen vorenthalten etc.). Die „Täter:innen“ könnten die Führungskraft, aber auch einzelne oder mehrere Kolleg:innen oder unterstellte Mitarbeiter:innen sein. Sehr oft treten die negativen Handlungsweisen auch in Kombination auf und sind am vor allem amAnfang oft eher verdeckt bzw. nicht eindeutig als negativ zu interpretieren (zB Kritik an Arbeit). Die betroffene Person fühlt sich durch die negativen Handlungen nicht bzw. immer weniger imstande, sich zu wehren. Daher ist ein (empfundenes) Machtungleichgewicht zwischen Betroffenen und den „Täter:innen“ ein weiteres Kennzeichen für Mobbing. Durch die ständigen, täglichen negativen Erlebnisse (zB täglich nicht gegrüßt zu werden, ständig Aufgaben unter dem eigenen Qualifikationsniveau zu erhalten) bekommen Betroffene auch bei an sich „leichten“ negativen Handlungen das Gefühl, dass dies absichtlich geschieht und ihnen übel mitgespielt wird. Auch wird das soziale Umfeld im Zeitablauf immer mehr involviert:  Zum Beispiel wird der/die Betroffene von gemeinsamen Aktivitäten des Teams ausgeschlossen, oder es werden scheinbar „harmlose“ Witze gemacht, die der/die Betroffene aber als gegen ihn/sie gerichtet auffasst. Dass heisst, dass die meisten Betroffenen empfinden, dass ihnen jemand absichtlich schaden will, und das Umfeld dabei zuschaut oder sogar mitmacht. Da man absichtliches negatives Verhalten jedoch schwer nachweisen kannist Absicht des/der Mobber:in kein wissenschaftliches Kriterium für Mobbing.

In der Praxis ist es oft schwierig, Mobbing von „normalen“ Konflikten und schwierigen Situation am Arbeitsplatz zu unterscheiden. Ein einzelner auch schwerer Konflikt mit Chef:in oder Kolleg:innen stellt noch kein Mobbing dar. Auch ein „schlechter“ Führungsstil und eine inkompetente Führungskraft, die ihre Führungsaufgaben nicht in professioneller Weise wahrnimmt, fällt prinzipiell noch nicht unter Mobbing. Auch wenn ein Konflikt sehr intensiv ist, spricht man nicht von Mobbing wenn dies eine (einmalige) Ausnahmesituation darstellt und wenn die Person prinzipiell das Gefühl hat sich wehren zu können. Erst wenn ein Konflikt eskaliert und eine Person sich immer isolierter und machtloser fühlt, nehmen Mobbingwahrnehmungen zu.

Was sind die Ursachen von Mobbing?

Welche (ökonomischen) Folgen kann Mobbing am Arbeitsplatz haben?

Welche Rolle spielen Zuschauer:innen bei der Eskalation von Mobbing?

Was sind typische Mobbingindizien?

Wie kann ich als Kolleg:in helfen?

Tipps gegen sozialen Ausschluss von Betroffenen

Tipps für Gespräche mit Betroffenen

Welche Tipps sollte ich Betroffenen aus rechtlicher Sicht geben

Was kann/sollte die Organisation gegen Mobbing tun?

Was sind die rechtlichen Konsequenzen für Dienstgeber:innen?

Wie kann eine Organisation Mobbing vorbeugen?

Präventionsmaßnahmen können einerseits über den Gesetzgeber erfolgen (zB Gesetze gegen sexuelle Belästigung, verpflichtende Umfragen zum Arbeitnehmer:innenschutz etc.). Andererseits kann auch im Unternehmen selbst vorbeugend vorgegangen werden, zum Beispiel indem Organisationen proaktiv Anti-Mobbing Trainings anbieten, Broschüren erstellen und an Unternehmenswerten und -richtlinien arbeiten, die sich gegen Fehlverhalten und Mobbing am Arbeitsplatz aussprechen.

Hier ein Überblick über wichtige Präventionsmaßnahmen (Zapf und Vartia, 2020).

Unternehmenskultur stärken

Eine der bedeutsamsten Präventionsmaßnahmen ist es die Unternehmenskultur entsprechend zu stärken bzw. zu verändern. Die Neuorientierung einer Unternehmenskultur bedarf viel Geduld, geht es doch um eine langfristige Veränderung von gelebten Werten und Routine-Verhalten im Unternehmen. Kulturwandel wird oft via Trainings, Richtlinien und der Einführung neuer Werte initiiert. Doch solche Anstrengungen sind oft wenig effektiv, da sie kein langfristiges Umdenken bewirken. Vor allem wenn unter Mitarbeiter:innen der Eindruck entsteht, dass die Werte auf den Broschüren nicht den tatsächlich gelebten Werten im Unternehmen entsprechen, sind die Anstrengungen des Management meist wenig ergiebig. Menschen in ethische Dilemma-Situationen zu versetzen bringt sie zum Reflektieren und bewirkt oft ein nachhaltigeeres Hinterfragen der alten „normalen“ Verhaltensweisen.

Umfragen

Neben den gesetzlich vorgeschriebenen Umfragen zum Arbeitnehmer:innenschutz können Unternehmen auch eigene Umfragen durchführen lassen, um das vorherrschende Organisationsklima und Verhalten unter den Mitarbeiter:nnen zu erfassen. Es gibt auch eigene (kurze) Fragebögen zu Mobbing am Arbeitsplatz, mit denen man die Mobbinginzidenz im Unternehmen sehr schnell erheben kann. Wichtig ist es, nicht nur eine Umfrage zu machen, sondern die Ergebnisse auch rückzuspiegeln und entsprechende Maßnahmen zu entwickeln sowie zu monitoren.

Für eine anoyme Umfrage in Ihrem Unternehmen kontaktieren Sie uns gerne unter eva.zedlacher@webster.ac.at

Anti-Mobbing-Richtlinien und Codes of Conduct

Richtlinien und Codes of Conducts haben nur eingeschränkte Effektivität, wenn sie falsch aufgesetzt und implementiert werden. Angelehnt an Zapf und Vartia (2020), Einarsen und Hoel (2020) sowie Lewis und Rayner (2011) wird empfohlen, bei der Erstellung einer effektiven Richtlinie folgende Punkte zu beachten:

  • Die Richtlinie beinhaltet eine klare Definition was Mobbing ist. Hier helfen auch typische Beispiele aus der Branche, dem Geschäftsbereich. Hilfreich sind auch Beispiele was Mobbing NICHT ist. Die Definition in der Richtlinie kann auch bei etwaigen Klagen herangezogen werden. Die Richtlinie umfasst idealerweise auch ein klares Statement, dass jegliche Art von Mobbing und Belästigung inakzeptabel sind.
  • Einbezug der Beobachter:innen: Die Anti-Mobbing Richtlinien sollte so formuliert sein, dass sie sich nicht (nur) an direkt Betroffene wendet, sondern auch „Dritte“ dazu animiert, bei Mobbingverdacht einzugreifen bzw. sich zumindest informell an Anlaufstellen zu melden.
  • Mehreren Anlaufstellen anbieten erhöht Vertrauen. Betriebsrat, Personalmanagement und Gleichbehandlungsbeauftragte sind mögliche Anlaufstellen für Betroffene (Rayner und Lewis, 2011). Es sollte die Möglichkeit gegeben werden sich entweder niederschwellig und informell an eine Anlaufstelle zu wenden oder eine formelle Beschwerde einzureichen.
  • Information über Interventionsprozess: Transparenz über die weitere Vorgangsweise und Zusicherung von Vertraulichkeit schafft Vertrauen. Maßnahmen im Zuge einer strukturierten Interventionskette (falls im Unternehmen vorhanden) sollten in der Richtlinie abgebildet werden, damit der/die Betroffene über die weiteren Schritte Bescheid weiß.
  • Angabe eines Zeitrahmens, in dem die Mobbingbeschwerde behandelt werden wird, erhöht das Vertrauen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass sich Betroffene bei einer Anlaufstelle melden.
  • Der Grundsatz eines „fairen Verfahrens“ sollte in der Richtlinie betont werden, indem alle Seiten angehört werden. Auch sollten (externe) Expert:nnen eingesetzt werden, um die Vorwürfe bestmöglich zu klären. Auch sollte der/die Beschuldigte den genauen Inhalt und das Ausmaß der Vorwürfe kennen. Falsche Behauptungen und Anschuldigungen auf jeglicher Seite können disziplinarische Folgen haben. Da es oft Aussage gegen Aussage steht, kommen Interviews mit Drittparteien und Zeug:innen enormen Bedeutung bei der Aufarbeitung eines Falles zu.
  • Eine umfassende Einschulung und Partizipation, dh. die Möglichkeit, dass die Mitarbeiter:innen auch die Richtlinien oder Interventionsketten bis zu einem gewissen Grad mitbestimmen, erhöht die Effektivität. So können beispielsweise Betriebsrät:innen die erste Version erstellen und dann bestimmte oder alle Mitarbeiter:innen involvieren bei der Finalisierung. Frühzeitige Einbindung erhöht das Bewusstsein und das Commitment der Mitarbeiter:innen.
  • Evaluierung der Maßnahmen: Die Effektivität einer Richtlinie und anderer Maßnahmen sollte auch immer evaluiert werden, zB mittels offizieller Auswertungen. Vor allem eine Befragung über die Zufriedenheit der Betroffenen mit der Aufarbeitung der Fälle kann ein Indiz für die Effektivität der Maßnahmen sein.

Anti-Mobbing Trainings für Führungskräfte und „Dritte“

Trainings werden oft von externen Expert:innen geleitet. Diese Expert:innen beginnen meist in einer (kleinen) Abteilung ein Training durchzuführen (Rayner and Lewis, 2020). Danach nehmen sie diese Information und den „Erfolg“  um auch bei andere Abteilungen Überzeugungsarbeit zu leisten. Auch Richtlinien und Interventionsketten müssen „trainiert“ werden. Dh. Mitarbeiter:innen sollten Beispiele „durchspielen“ und dadurch auch Bewusstsein erhalten, wie schwierig es ist Mobbing richtig zu erkennen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.

 Strukturierte Interventionsketten einrichten

Interventionsketten sollten eingerichtet und möglichst breit in den Richtlinien beschrieben sowie trainiert werden, damit die Betroffenen wissen was passiert, sobald sie sich bei einer Anlaufstelle melden (siehe Punkt „Was sind strukturierte Interventionsketten?“).

Wie/wann sollte ein Betriebsrat intervenieren?

Wie führe ich als Betriebsrat/rätin ein Erstgespräch mit Betroffenen?

Sensible Gesprächführung. Bitte sehen sich sich unsere Erklärvideos bezüglich „Tipps für Gespräche mit Betroffenen“ an. Für Betriebsrät:innen ergeben sich folgende weitere Punkte:

Klären Sie durch vorsichtiges Nachfragen ab, ob ein Mobbingverdacht besteht oder ob die Person einen (schweren) Konflikt hat, aber sich prinzipiell wehren kann. Es ist auch hilfreich, strukturelle Risikofaktoren für schwere Konflikte (die auch zu Mobbing werden können) im Auge zu haben. Gibt es viel Stress und Druck in der Arbeit, aber fehlt eine klare Führung? Haben die Personen Angst um ihre Jobs? Weitere Ursachen und Indizien für Mobbing sind in unseren Erklärvideos zu finden.

Grundsatz des faires Verfahren einhalten und kommunizieren: In jedem Fall ist der Grundsatz eines fairen Verfahrens zu berücksichtigen. Es sollte bei einem Mobbingverdacht den Betroffenen kommuniziert werden, dass auch die „Gegenseite“ sowie etwaige Zeug:innen und Kolleg:innen zu Wort kommen (siehe Punkt „Interventionsketten“ ). Auch sollte der/die Beschuldigte den genauen Inhalt und das Ausmaß der Vorwürfe kennen.

Soziale Unterstützung empfehlen! Viele Betroffene fühlen sich unverstanden und ziehen sich von allen sozialen Kontakten und privaten Interessen zurück. Empfehlen Sie den Betroffenen neben der Wiederaufnahme ihrer Hobbies auch den Kontakt mit Familie, Freund:innen und unbeteiligten Arbeitskolleg:innen.

Vertraulichkeit zusichern! Da viele Mobbingbetroffene Angst vor Racheaktionen haben, wenn sie die Vorwürfe melden, ist Vertraulichkeit sehr wichtig. Wenn die Vertraulichkeit im weiteren Verlauf nicht gewahrt werden kann (zb weil die Führungskraft involviert wird oder die Beschuldigten und Zeug:innen im Zuge einer strukturierten Interventionskette befragt werden), sollten der/die Betroffene darüber informiert werden und hat das Recht von den Maßnahmen Abstand zu nehmen. Eine Rücknahme der Beschwerde aus Angst vor Repressalien kann ein Indiz für eine hohe Eskalationsstufe sein. Hier ist deshalb besonders transparent und sensibel vorzugehen, damit Betroffene sich unterstützt fühlen, es aber zu keinen Vorverurteilungen oder nicht einhaltbaren Versprechungen kommt.

Empfehlen Sie dem Betroffenen Konfrontationen zu meiden. Anders als bei „normalen“ Konflikten empfehlen Dieter Zapf und andere Forscher:innen in stark eskalierten Situation der „Gegenseite“ möglichst auszuweichen, um die Situation nicht noch weiter zu eskalieren.

Welche Maßnahmen nach dem Erstgespräch setzen? Viele Betroffene wünschen sich im Akutfall Sanktionen gegenüber den Mobber:innen. Schnelle Versprechungen wie zB Kündigungen der anderen Person sind oft nur schwer im Unternehmen umzusetzen und sollten erst nach genauer Prüfung gemacht werden (siehe Punkt “ Was sind strukturierte Interventionsketten“). Neben einem Mobbingtagebuch sollte auch rechtliche oder psychologische Hilfe im Unternehmen oder extern empfohlen werden (zB Betriebsseelsorge, externe Mobbingberater:innen). Auch mögliche erste strukturelle Maßnahmen, die den Betroffenen im Akutfall helfen (zB Entlastung von komplizierten Arbeitsaufgaben, eventuell Versetzung) können abgefragt werden. Diese Schritte sollten in einem Nachfolgegespräch mit der Führungskraft geklärt werden. Auch wenn es sich (am ersten Blick) bei der Beschwerde nicht um Mobbing handelt, sollten Betriebsrät:innen eine Verbesserung der Situation im Arbeitsumfeld der Betroffenen anstreben und die Führungskraft involvieren. Für weitere Maßnahmen nach gründlicher Begutachtung des Falls lesen Sie bitte „Was sind strukturierte Interventionsketten“.

Was sind strukturierte Interventionsketten?

Meist hilft nicht nur eine einzelne Maßnahme ohne weitere Beobachtung, um schwere Konflikte oder Mobbing in den Griff zu bekommen. Interventionsketten schaffen Transparenz und Klarheit, welche organisorischen Schritte im Falle einer Beschwerde wegen Mobbing am Arbeitsplatz eingeleitet werden und wer involviert wird. Hier ein Beispiel für eine Interventionskette, bei der Beschwerden sowohl informell als auch formell eingebracht werden können. Der Vorteil von informellen Beschwerden (zB ein unverbindliches Informationsgespräch mit einer Anlaufstelle) liegt in ihrer Niederschwelligkeit und Anonymität. Jedoch besteht hier auch die Gefahr, dass das Problem kleingeredet oder unter dem Teppich gekehrt werden kann. Deshalb ist es auch wichtig, formelle Beschwerdestrukturen einzurichten, die bei schweren Fällen jedenfalls zum Tragen kommen sollten. Eine formelle Mobbing-Beschwerde beinhaltet die offizielle Einreichung einer Beschwerde wegen Mobbing am Arbeitsplatz bei einer Anlaufstelle im Unternehmen.

Tipps für die Einrichtung von Interventionsketten (adapt. von Einarsen und Hoel, 2020)

  • Es wird empfohlen, die Interventionskette basierend auf rechtlichen und (bekannten) organisatorischen Prozessen aufzubauen.
  • Mehrere Anlaufstellen und/oder eine Auswahl an unterschiedlichen Vertrauenspersonen sind zu empfehlen (zB Betriebrat, HR, Konfliktlots:innen, Gleichbehandlungsbeauftragte).
  • Sowohl bei informellen als auch bei formellen Beschwerden ist die direkte Führungskraft der Betroffenen frühzeitig zu involvieren. Bei informellen Beschwerden ist jedoch jegliche Weitergabe von Informationen von der vorhergehenden Zustimmung der Betroffenen abhängig. Bei formellen Mobbingbeschwerden werden automatisch die designierten Anlaufstellen involviert. Jedoch sollten auch hier nur die direkt Betroffenen sowie die Führungskraft, involvierten Expert:nnen und Zeug:innen Kenntnis über den Fall erlangen.
  • Die Angabe eines realistischen Zeitrahmens (zB 30 Tage) zur Aufarbeitung jeglicher Beschwerden seitens der Organisation schafft Vertrauen, dass die Beschwerde und die darauffolgende Interventionskette ernst genommen wird.
  • Die Wahl der Maßnahmen obliegt den Dienstgeber:innen, sie müssen jedoch gemäß der Fürsorgepflicht effektiv sein. Einfache Gespräche, sich zusammen an „einen Tisch setzen“ ist bei stark eskalierten Mobbing-Fällen in der Regel nicht mehr effektiv. Auch Mediation sollte nur dann eingesetzt werden, wenn es noch möglich ist die beiden Parteien zu versöhnen und wenn der/die Betroffene keine Angst hat. Aufschlussreich für Maßnahmen sind hier auch Gespräche mit Dritten und Zeug:innen, um systematische Mängel in der Abteilung, der Arbeitsverteilung und der Führungskultur zu beseitigen. Auch wenn Betroffene oft harte Maßnahmen forden, sind diese Maßnahmen oft nicht so schnell umsetztbar. Hier kann auch die Frage nach einer zweitbesten Lösung/Maßnahme, mit der die Betroffenen zufrieden wären, helfen (Mikkelsen, 2021).
  • Bei Mobbingverdacht ist eine Unterstützung der Untersuchung durch eine unabhängige und externe Kommission zu empfehlen. Auch für interne Mitglieder empfiehlt sich eine möglichst diverse Gruppe, um auch unterschiedliche Perspektiven auf den Fall sicherzustellen. Training dieser Gruppe auf das Phänomen Mobbing am Arbeitsplatz und auf Kenntnis bei Beweissicherung und Interviewführung (diagnostische Interviews) ist essentiell!
  • Die Anlaufstellen und Kommissionsmitglieder, aber auch die restlichen Arbeitnehmer:innen sollten die Möglichkeit bekommen die Interventionskette zB anhand eines fiktiven Falls zu trainieren und gegebenfalls Verbesserungen vorzuschlagen.
  • Auch die Betroffenen müssen immer wieder befragt werden, ob die gesetzten Maßnahmen auch tatsächlich zu einer Verbesserung geführt haben.

Einrichtung einer Untersuchungskommission

Einarsen und Hoel (2020) empfehlen folgende Vorgangsweise bei der Einführung einer Untersuchungskommission:

1)  Vorbereitung oder Planung: (Externe) Expert:innen erhalten das Mandat zur Untersuchung. Es ist wichtig dass die Untersuchungskommission auch die notwendige (Entscheidungs)macht und Akzeptanz in der Organisation erhält, aber unabhängig von der Auftraggeberin agieren kann. Externe Mitglieder könnten hier den Vorteil haben, nicht bestimmten Vorurteilen/Naheverhältnissen gegenüber Betroffenen oder dem Management ausgesetzt zu sein. In diesem Stadium sollte auch der Ort des Interviews ausgewählt werden um Diskretion für die Beteiligten zu gewährleisten. Es kann auch ein Interviewort außerhalb der Organisation geeignet sein. Auch sollte in dieser Phase die Beschwerde genau analysiert werden hinsichtlich Hauptvorwürfe, möglicher Rechtsbrüche, fehlender Detailinformationen sowie weiterer Faktoren, die auch aus rechtlicher Sicht schlagend werden könnten. Hoel und Einarsen (2020) schlagen vor, dasselbe Wording für schriftliche „Intervieweinladungen“ an die Betroffenen und Beschuldigten zu verwenden, um Fairness des Verfahrens zu gewährleisten. Im Normalfall wird der/die Betroffene zuerst interviewt und danach der/die Beschuldigte.

2) Beweismittel zusammentragen: Diagnostische Interviews mit direkt Betroffenen, Beschuldigten, aber auch Zeug:innen und der Führungskraft werden von den Expert:innen gemacht, Dokumente werden gesichtet.

3) Zu einer Schlussfolgerung kommen: Die Expert:innen entscheiden ob es sich um Mobbing am Arbeitsplatz handelt und warum. Da oft Aussage gegen Aussage steht, bedeutet ein Mangel an Beweisen nicht, dass die Vorwürfe per se falsch waren.

4) Einen Bericht schreiben: Im Endbericht sollten auch Empfehlungen für weitere Maßnahmen angeführt werden. Auch wenn es sich nach Ansicht der Expert:innen um kein (klares) Mobbing handelt, sollten Maßnahmen zur Verbesserung der Situation für Betroffene und die Abteilung gesetzt werden!

Welche rechtlichen Handlungsmöglichkeiten haben Betriebsrät:innen?

Auszug aus der AK Mobbingbroschüre Wonnebauer und Hausmann (2020)

Mobbinghandlungen stellen Verletzungen der öffentlich-rechtlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften dar. Der primäre Adressat zur Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften ist der oder die Arbeitgeberin. In Arbeitnehmerschutzfragen stehen aber dem Betriebsrat Überwachungs-, Interventions-, Beratungs- und Mitwirkungsrechte zu.

Überwachungsrecht gemäß § 89 Z 3 ArbVG

Danach hat der Betriebsrat die Durchführung und Einhaltung der Vorschriften über den Arbeitnehmerschutz zu überwachen. Zu diesem Zweck kann der Betriebsrat die betrieblichen Räumlichkeiten, Anlagen und Arbeitsplätze besichtigen und den Arbeitgeber auf Gefahrenquellen und Missstände hinweisen und mit ihm über deren Seite 38 Mobbing Abstellung beraten. Erfolgt seitens des Arbeitgebers keine rechtzeitige Abhilfe, so hat der Betriebsrat die zuständige Aufsichtsbehörde, zB das Arbeitsinspektorat, anzurufen.

Interventionsrecht gemäß § 90 ArbVG § 90 ArbVG gibt dem Betriebsrat das Recht, in allen Angelegenheiten, die die Interessen der Arbeitnehmer berühren, beim Betriebsinhaber und erforderlichenfalls bei den zuständigen Stellen außerhalb des Betriebes entsprechende Maßnahmen zu beantragen und die Beseitigung von Mängeln zu verlangen. Darüber hinaus ist er berechtigt, Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der betrieblichen Ausbildung, der Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten sowie zur menschengerechten Arbeitsgestaltung zu machen.

Anhörungs- und Beratungsrecht gemäß § 92 a ArbVG

Danach hat der Betriebsinhaber den Betriebsrat in allen Angelegenheiten der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes rechtzeitig anzuhören und mit ihm darüber zu beraten.

Mitwirkungsrecht gemäß § 97 (1) Z 8 und 9 ArbVG

Danach können über Maßnahmen und Einrichtungen zur Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten sowie Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer fakultative Betriebsvereinbarungen geschlossen werden. Letztlich ist durch diese Art der Betriebsvereinbarung auch die Regelung von Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung möglich. Mitbestimmung gibt es in Fragen der Arbeitszeitverteilung, der allgemeinen Ordnung des Betriebes oder der Benutzung von Betriebseinrichtungen und Betriebsmitteln. Fakultative Betriebsvereinbarungen können ausschließlich durch Konsens der Vertragspartner zustande kommen. Stimmt der Betriebsrat einem Vorschlag des Arbeitgebers nicht zu, so kann dieser die geplante Maßnahme unter Berufung auf sein Weisungsrecht anordnen oder Vereinbarungen mit einzelnen Arbeitnehmern treffen. Maßnahmen zur menschengerechten Arbeitsgestaltung haben das Ziel, die Arbeitszufriedenheit und das körperliche und geistige Wohlbefinden der Arbeitnehmer zu steigern. Fragen des Betriebsklimas und der Personalführung können diesem Begriff jedenfalls zugeordnet werden. Mit Vereinbarungen gemäß § 97 (1) Z 9 ArbVG können daher regelmäßig zu führende Gespräche zwischen Vorgesetzten und Arbeitnehmern Mobbing Seite 39 über dienstliche Probleme geregelt werden. Aber auch die Einführung von Gruppenarbeit oder die Gestaltung des Arbeitsplatzes nach ergonomischen Gesichtspunkten können zu einem erhöhten Wohlbefinden der Arbeitnehmer beitragen. Insbesondere psychologische Belastungen, die bei der Prüfung menschengerechter Arbeitsgestaltung zu bedenken sind, berühren den Bereich Mobbing. “

Was tun bei digitalen Konflikten?

Tipps für digitale Kommunikation am Arbeitsplatz

Wie kann ich digitale Konflikte und Shitstorms reduzieren

Wie sollte ich bei Fake oder Hate-Postings im Netz reagieren?

Löschen Sie das Posting nicht sofort, sondern machen Sie einen Screenshot zur Beweissicherung. Es ist auch hilfreich das User-Profil näher zu untersuchen und allfällige Hinweise/Beweise zu dokumentieren. Sie sollten danach auch unbedingt die Plattform informieren (siehe weiter unten).

Wenn ein User-Namen aufscheint, kann folgende Vorgangsweise hilfreich sein:

  • Versuchen Sie sich mit einem anderen Account einzuloggen, indem Sie auf „Bei bereits bestehendem Konto anmelden“ klicken
  • Dann den Usernamen des vermeintlichen Fake-Accounts eingeben und auf „Passwort vergessen“ klicken – bei manchen Betreibern erscheint die Emailadresse.
  • Bei Kundenbewertungen: Lassen Sie nur registrierte Kund:innen auf Ihrer Website Kundenbewertungen abgeben– so kontrollieren Sie auch wer bewertet!
  • Für private Websiten: Stellen sie Ihr Profil privat, und machen Sie Ihre Freunde NICHT sichtbar. Posten Sie so wenige Inhalte wie möglich öffentlich. Das erschwert es Kriminellen, ein Profil detailgetreu nachzuahmen.

Wie kann man Plattformen bei Hasspostings zur Verantwortung ziehen?

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Auch Plattformen wie Facebook usw. müssen handeln, wenn gemeldet wird, dass einzelne User:innen Hasskommentare oder Postings senden. Hier ein paar Tipps für häufige Plattformen:

Facebook

Benützen Sie die „Melden“-Funktion bei Postings. Ein Drop Down Menü erscheint, in dem Sie Bilder, Postings oder Kommentare melden können.

Twitter

Auf Twitter können Sie Personen entfolgen und blockieren. Sie können auch Personen melden: https://support.twitter.com/forms/abusiveuser

YouTube

Wenn Sie ein Video für unethisch halten, können sie rechts unten beim Video auf die kleine Flagge klicken. Dann untersucht YouTube, ob das Video die Nutzungsbedingungen verletzt. Sie können auch Hasskommentare auf YouTube melden unter https://www.youtube.com/reportabuse .

Instagram

Auch auf Instagram können Sie andere User:innen blockieren und entfolgen. Wenn dies nicht effektiv ist, können Sie die Person auch melden unter https://help.instagram.com/165828726894770

Snapchat

Auf Snapchat können Sie User:innen hier melden: https://support.snapchat.com/en-US/i-need-help